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Ständerat Daniel Fässler präsidiert WaldSchweiz seit 2017, Foto: Joanna Wierig

ZeitschriftenLesezeit 4 min.

Wenn es ums Geld geht, kommen die Wenn und Aber

WaldSchweiz hat seine strategischen Stosslinien für die Jahre 2023 bis 2026 erarbeitet. Wie dieser Prozess ablief und wo der Verband der Waldeigentümer die nächsten vier Jahre seine Schwerpunkte setzt, erläutert der Präsident, Ständerat Daniel Fässler, im Interview.

Florian Landolt| WaldSchweiz hat seine strategischen Stossrichtungen für die Jahre 2023 bis 2026 erarbeitet. Wie kam es dazu?

Ich bin regelmässig im alpinen Raum der Schweiz auf Wanderungen unterwegs. Auch da gilt: Ich habe ein Ziel und muss mir überlegen, wie ich dieses am besten erreiche. Welche Strategie wähle ich? Suche ich den direktesten Weg? Oder bewusst den anspruchsvollsten oder den schönsten Weg? Folge ich bequem den Wegweisern, oder suche ich «meinen» Weg? Verbandsarbeit ist keine Wanderung. Aber auch hier gilt: Bevor eine Strategie festgelegt wird, muss man sich überlegen, was das Ziel, die Vision ist. Für mich als Präsident von WaldSchweiz steht dabei immer die Frage im Vordergrund, was die Interessen der Schweizer Waldeigentümerinnen und Waldeigentümer sind. Sie will ich bestmöglich vertreten und ihnen zu mehr Beachtung verhelfen. Die aus der Vision abgeleitete Strategie ist regelmässig zu überprüfen und neu festzulegen. Der Zentralvorstand hat sich dieser Aufgabe zusammen mit der Geschäftsleitung angenommen. Welche Ziele haben wir erreicht, wo besteht weiterhin oder neu Handlungsbedarf? Die Antworten auf diese Fragen zeigen, wo künftige Massnahmen ansetzen müssen.

Wie verlief dieser Prozess?

Es war klar, dass wir auf den Jahresbeginn 2023 die strategischen Stossrichtungen festgelegt haben wollten. Zu diesem Zweck wurde die Geschäftsleitung beauftragt, sich intern die Frage zu stellen, wo Handlungsbedarf besteht. Dies war eine gute und sehr wichtige Vorarbeit für den Zentralvorstand. Dieser hat sich dann im Sommer 2022 zusammen mit der Geschäftsleitung an einer zweitägigen Klausursitzung detailliert und intensiv mit der Strategie 2023 bis 2026 befasst. Dieser interne Prozess war anspruchsvoll, hat aber zu sehr guten 
Resultaten geführt.

War es einfach?

Es wäre für mich eine Enttäuschung gewesen, wenn wir einfach zum Ziel gekommen wären (lacht). Die Strategiediskussionen waren kontrovers und intensiv. Im Zentralvorstand sind verschiedene Regionen und berufliche Erfahrungen vertreten. 
Entsprechend unterschiedlich sind bei gewissen Themen die Meinungen. Uns eint aber der Bezug zum Wald und zu dessen Eigentümerinnen und Eigentümer, für die wir das Beste erreichen wollen. Es wurden daher nicht einfach die Vorschläge der Geschäftsleitung übernommen, so nach dem Motto: «Jawohl, die haben gut gearbeitet – wir gehen über zum Apéro». Es gab eine ernsthafte und detaillierte Auseinandersetzung mit den verschiedenen Themen. Die Frage, ob der Prozess einfach war, ist für mich sekundär. Wichtig ist, dass er zu einem guten Resultat geführt hat. Ich bin überzeugt, dass wir das erreicht haben.

Gehen wir über zu den Inhalten: Welche strategischen Stossrichtungen wurden definiert?

Wir haben zu Beginn die Themen definiert. Dabei kamen wir zum Schluss, dass es über allen Themen eine prioritäre Strategie 
Nr. 0 gibt: Die Hauptaufgabe von WaldSchweiz ist es, sich für gute Rahmenbedingungen für die Waldeigentümerinnen und Waldeigentümer einzusetzen. Sei dies im Bereich der Waldbewirtschaftung oder bei allen anderen Fragen, welche das Eigentum von uns Waldbesitzerinnen und Waldbesitzern betreffen. Die Strategie Nr. 0 haben wir deshalb als Hauptstossrichtung definiert, die das Fundament für alle anderen Stossrichtungen bildet.

Das heisst, es gibt eine Stossrichtung, die den anderen übergeordnet ist. Wie sehen die übrigen Stossrichtungen aus?

Die Hauptstossrichtung steht nicht über allen anderen, sondern bildet deren Basis. Stimmen die Rahmenbedingungen für die Waldeigentümerinnen und Waldeigentümer, können wir darauf aufbauend die weiteren strategischen Stossrichtungen angehen. In der Vergangenheit hat man «gute Rahmenbedingungen» davon abhängig gemacht, ob der Waldeigentümer mit seinem Produkt Holz einen anständigen Erlös erzielen kann. Dies ist dann der Fall, wenn über die Kostendeckung hinaus ein Gewinn erzielt wird. Die Erlöse aus der Holznutzung haben sich in den letzten ein, zwei Jahren erfreulicherweise verbessert. Aber bei einer Vollkostenrechnung zeigt sich, dass die Waldeigentümer immer noch zu einem wesentlichen Teil defizitär arbeiten. Deshalb ist es zwingend, dass wir auch andere Leistungen des Waldes beziehungsweise der Waldeigentümer in Wert setzen. Darüber wird schon lange geredet, erreicht ist noch nicht viel. Ich bin daher überzeugt, dass wir künftig noch stärker mit diesen Ökosystemleistungen des Waldes argumentieren und Abgeltungen einfordern müssen. Dies ist eine zentrale strategische Stossrichtung von WaldSchweiz. Wir sollten nicht nur darüber reden, was der Wald leistet, sondern wir müssen verlangen, dass diese Leistungen auch in Wert gesetzt werden. Das Erreichen dieses strategischen Ziels wird kein Spaziergang sein. Denn sobald es ums Geld geht, werden viele Wenn und Aber formuliert. Dies darf uns nicht daran hindern, dieses Thema selbstbewusst und konsequent anzugehen.

WaldSchweiz hat 2022 den WaldKongress zu diesem Thema «Inwertsetzung der Ökosystemleistungen» durchgeführt. Was war dort Ihr Fazit?

Der WaldKongress war ein hervorragender Anlass. Hochkarätige Referentinnen und Referenten haben wertvolle Denkanstösse für die Zukunft gegeben, gerade im Bereich der Inwertsetzung von Ökosystemleistungen. Ich wünsche mir deshalb auch, dass die Waldeigentümer in dieser Thematik in 
Zukunft etwas selbstbewusster auftreten. Ich mache regelmässig die Erfahrung, dass vor allem bei den privaten Waldeigentümern die Freude an ihrem Wald im Vordergrund steht. Sie freuen sich über alle Leistungen ihres Waldes, nicht nur über den Holzzuwachs, sondern auch über den lebendigen und vielfältigen Lebensraum für Tiere und Pflanzen. Nur vor lauter Freude denken sie kaum daran, dass diese Ökosystemleistungen für die Allgemeinheit einen Wert haben, der angemessen zu entschädigen wäre. Auch beim Verkauf von Holz nehmen sie gottgegeben das entgegen, was ihnen der Holzkäufer offeriert. Wir Waldeigentümer dürfen nicht vergessen, dass Preise nicht nur von den Käufern gemacht werden, sondern das Ergebnis von Angebot und Nachfrage sind. Ich hoffe, dass die Waldeigentümer künftig selbstbewusster den eigentlichen Wert ihres Produktes einfordern.

Für wie realistisch halten Sie es, dass 2026 die Waldleistungen bereits angemessen abgegolten werden?

Ich bin Realist. Das wird kein Spaziergang. Aber das sind wir Waldeigentümer uns gewohnt, wir machen im Wald auch nicht nur Spaziergänge (lacht). Das darf uns jedenfalls nicht daran hindern, uns konsequent in entsprechende Diskussionen einzubringen. Bereits die Frage, wer diese Leistungen zu entschädigen hat, wird schwierig zu beantworten sein. Die Diskussion wird sich darum drehen, ob der Bund, die Kantone oder die Gemeinden Entschädigungen leisten sollen oder spezifisch jene, die direkt von diesen Leistungen profitieren, beispielsweise die Trinkwasserversorger oder Besucherinnen und Besucher, die den Wald als Erholungsraum nutzen. Ohne den Einbezug des Staates wird es nicht funktionieren. Ich gehe daher davon aus, dass Bund und Kantone angesprochen werden müssen.

Zwei von sechs Stossrichtungen verlangen die verbesserte und verstärkte Kommunikation mit der Öffentlichkeit. Wie sehen die Ziele hier aus?

Man könnte sagen, in der Kommunikation muss man nichts machen. Denn ich habe noch nie jemanden gehört, der gesagt hat: «Nein, der Wald gefällt mir nicht, ich gehe nicht gerne in den Wald.» Aber letztlich stelle ich fest, dass dies meist eine sehr eingeschränkte, individuelle Beziehung zum Wald und seinen Leistungen ist. Uns muss es als Dachverband der Waldeigentümerinnen und Waldeigentümer gelingen, das, was wir wollen, auch kommunikativ besser einzufordern. Das bedingt, dass wir der Öffentlichkeit klarmachen, dass der Wald nicht nur ein öffentlich zugänglicher Raum, sondern eben ein zentraler Lebensraum ist, der zahlreiche Leistungen erbringt. Wir sind bereits heute auf einem guten Weg, so haben wir uns zum Beispiel im Bereich der sozialen Medien personell verstärkt. Aber inhaltlich dürfen wir noch stärker werden.

Ein wichtiger Aspekt ist auch die Förderung von Fachkräften. Was ist hier vorgesehen?

Bei vielen Branchen wird von einem Fachkräftemangel gesprochen, auch in der Forstwirtschaft. Lange Zeit dachte ich, dass es genug junge Leute gibt, die an einem Beruf Freude haben, bei dem sie in der Natur arbeiten können. Letztlich ist die Waldbranche aber im genau gleichen Masse betroffen wie andere. Den demografischen Wandel spüren alle Branchen. Gibt es weniger Schulabgänger, reduziert sich auch die Zahl potenzieller Berufslernender. Die Berufsbilder für die Arbeit im Wald sind zwar sehr attraktiv, und junge Leute zeigen für diese Ausbildung Begeisterung. Aber viele suchen sich nach einigen Jahren andere Arbeitsstellen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Wer sich in der Waldarbeit ausgebildet und bewährt hat, ist für die Privatwirtschaft und im staatlichen Sektor attraktiv. Wer die Branche wechselt, kann daher meistens mit einem höheren Lohn rechnen. Eine Rolle für viele Berufsabgänger spielen zudem die Risiken der Waldarbeit sowie die körperlichen Anstrengungen. WaldSchweiz muss das grösste Interesse daran haben, dass es genügend qualifizierte Berufsleute gibt, welche die Pflege und die Bewirtschaftung der Wälder gewährleisten können. Das wurde in der Vergangenheit unterschätzt. Ich glaube, wir tun gut daran, dies im Rahmen der Umsetzung unserer Strategie sehr ernsthaft anzugehen.

Wagen Sie eine Prognose, wie viele von diesen strategischen Stossrichtungen 2026 umgesetzt sein wird?

Wir werden in den Jahren 2024 und 2025 evaluieren, was erreicht wurde. Ich bin  mir sicher, dass wir nicht alles erreichen können. Das darf aber nicht dazu führen, hinter die strategischen Stossrichtungen selbst schon ein Fragezeichen zu setzen. Wollen wir etwas erreichen, müssen wir auch 
mit aller Konsequenz und Hartnäckigkeit daran arbeiten. Nur dann haben wir unsere Aufgabe erfüllt

 

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