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Instruktor Nico Zogg unterrichtet die Teilnehmer eines überbetrieblichen Kurses vom September 2024 in Willisau (LU).Foto: Sébastien Wenker

Zeitschriften | Verband & PolitikLesezeit 2 min.

Eine hervorragende Ausbildung kann auch ihre Tücken haben

Die Schweizer Forstbranche bildet exzellente Berufsleute aus; so gut, dass diese auch in anderen Branchen begehrt sind. Für Rolf Dürig, Geschäftsführer der OdA Wald Schweiz, ist daher wichtig, mehr junge Menschen für eine Ausbildung im Forst zu gewinnen.

Ralph Möll | Die Forstbranche sucht händeringend nach Fachkräften – und ist damit nicht allein. Zwar mag sich jede Branche selbst als besonders stark betroffen wahrnehmen. Doch der Fachkräftemangel ist längst von einem branchenspezifischen zu einem allumfassenden Phänomen geworden. Und aufgrund der demografischen Entwicklung – in den kommenden fünf bis zehn Jahren wird die geburtenreiche Boomer-Generation in Pension gehen – wird sich dieses weiter akzentuieren.

Während also das Reservoir an Forstfachleuten schrumpft, wächst der Wald weiter. Die Branche muss sich daher fragen, wie sie wieder mehr junge Menschen für eine Ausbildung im Wald begeistern kann. Bloss, wie soll das gehen? Ein Patentrezept kann auch Rolf Dürig nicht nennen. Seit 2007 und noch bis Ende 2025 ist er Geschäftsführer der OdA Wald Schweiz, der nationalen Organisation der Arbeitswelt Wald. Die OdA Wald Schweiz engagiert sich für die Waldberufe, und sie sorgt dafür, dass die berufliche Bildung in der Waldwirtschaft zeitgemäss und attraktiv bleibt.

«Jedes Jahr beginnen rund 330 Lernende eine Ausbildung im Forst. Das ist eine gute Zahl, die seit 20 Jahren stabil ist», erklärt Rolf Dürig. Die Ursache für die fehlenden Fachleute sei denn auch weniger auf der Eintrittsseite in den Forst zu suchen, sondern vielmehr beim «Ausgang». Kaum jemand arbeite heute noch ein Leben lang in der gleichen Branche, das sei im Forst nicht anders. «Für junge Fachleute aus dem Forst gibt es in vielen anderen Branchen attraktive Tätigkeiten, zum Beispiel bei der Polizei, beim Grenzschutz oder in der Landwirtschaft.» Forstwartinnen und Forstwarte seien ausserdem begehrte Arbeitskräfte, weil man in anderen Branchen wisse, dass sie unabhängig von der Witterung zuverlässig arbeiteten.

Diese Durchlässigkeit zwischen den Branchen ist vom Bund durchaus gewünscht, allerdings scheinen nicht alle Branchen gleichermassen davon zu profitieren. Unter dem Strich resultiert für den Schweizer Wald nämlich ein Delta: Es verlassen mehr Beschäftigte die Branche, als aus anderen Berufen hineinwechseln. Bildet die Schweizer Forstbranche ihren Nachwuchs also einfach so viel besser aus als andere Branchen, oder – etwas überspitzt gefragt – bildet sie sogar zu gut aus? «Wir haben im Forst eine sehr gute Grundausbildung. Und ich darf mit Stolz sagen, dass Forstfachleute in der Schweiz entsprechend hervorragend ausgebildete Fachkräfte sind.»

Es gehen mehr als kommen

Dass im Forst wenig Quereinsteiger tätig seien, habe eher damit zu tun, dass die Voraussetzungen für eine weiterführende Ausbildung für Branchenfremde sehr anspruchsvoll seien. So basiert die Försterausbildung auf der Ausbildung zur Forstwartin respektive zum Forstwart. «Man muss also holzen können, sonst sind die Einstiegsmodule kaum zu schaffen.» Zwar könnte eine Ausbildung als Forstwartin oder Forstwart je nach Vorwissen auch in zwei Jahren absolviert werden, aber mit diesen Einstiegsmodulen und der zweijährigen Ausbildung zur Försterin respektive zum Förster müssten fünf Jahre investiert werden. «Mit 30 Jahren überlegt es sich jemand sicher zweimal, ob sie oder er das noch auf sich nehmen will und kann», sagt Rolf Dürig.

Ausbildungen werden regelmässig überprüft

Dennoch müsse die Branche dafür besorgt sein, dass mehr junge Menschen eine Ausbildung im Wald absolvieren. Dazu benötige es wohl Anpassungen bei den Arbeitsbedingungen und den Löhnen, glaubt Rolf Dürig. «Das können wir als OdA Wald Schweiz aber nicht beeinflussen. Hingegen können wir uns dafür einsetzen, dass die Ausbildungen zeitgemäss und attraktiv sind. Dabei müssen wir einerseits berücksichtigen, dass Vorgaben des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation eingehalten werden. Andererseits müssen wir auch den Bedürfnissen der Branche und der Lernenden gerecht werden.» Man hinterfrage die Ausbildungen laufend, so seien beispielsweise im letzten Jahr die Kompetenzprofile der Berufsbilder Forstmaschinenführer/-in, Forstwart-Vorarbeiter/-in und Seilkraneinsatzleiter/-in überprüft worden, und nun folge eine Revision der Prüfungsordnung. Bei der Ausbildung Forstmaschinenführer/-in wird aktuell auch diskutiert, ob sie weiterhin mit einer eidgenössisch anerkannten Berufsprüfung abgeschlossen oder ob sie in eine andere Abschlussform überführt werden soll. «Diese Ausbildung absolvieren vor allem Teilnehmerinnen und Teilnehmer von staatlichen Forstbetrieben. Von privaten Forstunternehmern kommen sehr wenige, weil sie entweder gar nicht in eine solche Ausbildung wollen oder weil es den Betrieb zusätzliche Ausgaben kostet. Dabei subventioniert der Bund die Teilnahme an solchen Kursen zur Hälfte.»

Ausbildung as a Service?

Rolf Dürig bringt auch eine eigentlich alte Idee aufs Tapet: Ausbildung nach Bedarf. Um die Jahrtausendwende wurden die oben erwähnten weiterführenden Ausbildungen modularisiert. Weil die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aber einen Abschluss wollten und alle Module absolvierten, obwohl sie sie gar nicht brauchten, kam dieses flexible Modell nie richtig zum Fliegen. «Dabei halte ich das grundsätzlich für einen sehr guten Ansatz mit Potenzial. Man sollte weniger auf ein Papier oder ein Diplom schauen, als darauf, welche Fähigkeiten die Leute in einem Betrieb tatsächlich benötigen.» 

Eine andere Idee wären Lehrbetriebsverbünde, in denen sich mehrere Ausbildungsbetriebe engagieren und Lernende austauschen, damit sie verschiedene Tätigkeiten wie Holzen, Waldpflege oder Naturschutz erlernen können. In kleineren Betrieben ist eine solche Bandbreite nicht immer möglich. Rolf Dürig ist bewusst, dass solche Ausbildungsformen mit hohem Organisationsaufwand für Betriebe und Ausbildungsinstitute verbunden wären, aber «wir werden die Ausbildung neu denken und uns bewegen müssen». Geschehe dies nicht, prophezeit Rolf Dürig eine verstärkte Zunahme der Mechanisierung und damit – weil sich kleinere Betriebe das gar nicht leisten könnten – das Verschwinden vieler dieser kleinen Betriebe. Auch könnten vermehrt entsprechend ausgebildete Arbeitskräfte aus dem Ausland zum Thema werden.

Auch den Umfang und die Inhalte der Ausbildung müsse man anschauen, findet Rolf Dürig. «Ich war bei der letzten Revision der Forstwartausbildung stark involviert und habe festgestellt, dass immer mehr Inhalte und schulische Ziele hineingepackt werden. Da täte in meinen Augen eine Entschlackung not.» Dass der Umfang der Ausbildungsinhalte zunimmt, hängt mit steigenden Anforderungen zusammen. So wünschen sich beispielsweise Forstunternehmer in der Ausbildung mehr Einsätze an Maschinen. Das wurde zwar berücksichtigt, doch hinkt die Ausbildung der rasanten Entwicklung bei den Forstmaschinen ständig hinterher. Eine weitere Spezialisierung in der Lehre hält Rolf Dürig für schwierig: «Ich bevorzuge erst eine konzentrierte Grundausbildung. Die Spezialisierung kann anschliessend erfolgen.»

Stolz auf die Ausbildungen im Forst

Für Rolf Dürig steht aber fest, dass es auch in Zukunft gut ausgebildete Menschen im Wald braucht: «Der Forst wird auch künftig bewirtschaftet. Einerseits, weil er nur so seine vielfältigen Funktionen für uns Menschen erfüllen kann. Andererseits, weil Holz ein attraktiver Rohstoff ist und bleibt.» Und Rolf Dürig ist durchaus stolz auf die Schweizer Forstbranche: «Wir haben engagierte Menschen und exzellente Ausbildungen.» Und mit der Entwicklung neuer Berufsbilder wie Forstwart-Vorarbeiterin und -Vorarbeiter, Maschinenführerin und -führer oder Seilkraneinsatzleiterin und -leiter habe sich in den letzten 30 Jahren viel getan. «Aber die eine erlösende Massnahme gegen den Fachkräftemangel haben wir noch nicht gefunden.» 

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